„Dermatologische Telekonsile sind technisch und administrativ machbar“
„Dermatologische Telekonsile sind technisch und administrativ machbar“
Eine direkte Verbindung von Haus- zu Hautarzt stand beim Projekt „Implementierung teledermatologischer Konsile in die hausärztliche Versorgung – eine kontrollierte Studie mit qualitativ-quantitativer Prozessevaluation“ – kurz TeleDerm – im Fokus. Das durch den Innovationsfonds des G-BA geförderte Projekt am Universitätsklinikum Tübingen ist nun abgeschlossen. Ursula Katthöfer (textwiese.com) fragte Andreas Polanc, M. Sc. Public Health und Projektkoordinator am Institut für Allgemeinmedizin & Interprofessionelle Versorgung, nach den Ergebnissen.
Können Patienten mit Hauterkrankungen Ihrer Studie zufolge durch ein telemedizinisches Konsil schneller und effizienter versorgt werden?
Ja. Denn der Patient bekommt bei seinem Hausarzt rascher einen Termin als beim Dermatologen. Er spart Zeit und hat gerade in ländlichen, unterversorgten Regionen kürzere Wege. Die Therapie kann früher eingeleitet werden. Für Patienten, die z. B. durch eine Hauterkrankung psychisch stark belastet sind, kann die Lebensqualität steigen. Die Akzeptanz war hoch, obwohl die Patienten den Dermatologen nicht zu Gesicht bekamen. Wir konnten zeigen, dass Telekonsile sowohl technisch als auch administrativ machbar sind.
Wie lief die Studie praktisch ab?
Wir haben die Store-and-Forward-Methode genutzt. Der Hausarzt lieferte mit der Telekonsilanfrage Anamnese und Bilder. Der Dermatologe war gebeten, diese innerhalb von zwei Tagen zu befunden. Es nahmen sowohl niedergelassene Kollegen als auch Ärzte unserer Hautklinik teil. Die Dermatologen antworteten, wann es für sie in den Tagesablauf passte. Es wurden insbesondere melanozytäre Nävi, Basalzellkarzinome, seborrhoische Keratose oder auch akute Ekzeme diagnostiziert und versorgt.
Wie haben sich die hausärztlichen Überweisungszahlen an Dermatologen entwickelt?
Unsere Hypothese lautete, dass hausärztliche Überweisungen an Dermatologen durch die neue Versorgungsform um 15 Prozent sinken würden. Dieses Ziel wurde knapp verfehlt. Dafür gibt es mehrere Gründe. Neben möglichen Verzerrungen durch die Verfügbarkeit der Routinedaten kamen z. B. Dermatologen entweder zu der Ansicht, dass Patienten sich wegen des Verdachts auf einen malignen Befund persönlich beim Dermatologen vorstellen sollten oder die Bildqualität reichte nicht aus. In den meisten Fällen jedoch konnten die Hausärzte ihre Patienten nach Befundung durch den Dermatologen selbst behandeln.
Was macht das Telekonsil sowohl für Hausärzte als auch für Dermatologen attraktiv?
Wenn Patienten durch ihren Hausarzt versorgt werden können, entlastet das den Dermatologen. Er hat mehr Zeit für schwere Fälle. Die Hausärzte teilten uns mit, dass die Rückmeldungen der Fachkollegen für sie einen hohen Lerneffekt hatte. Ihre Diagnose wurde untermauert oder differenziert, sie erfuhren zudem etwas über neue Therapieverfahren. Inzwischen hat der EBM eine Telekonsilziffer eingeführt. Die Honorierung zu evaluieren, war allerdings nicht unser Ziel. Wir wollten die neue Versorgungsform testen.
Welche technischen Hürden gibt es noch?
Telekonsile – ob dermatologisch oder in anderen Fächern – werden nur akzeptiert und umgesetzt, wenn sie in den Praxisablauf integrierbar sind. Die technischen Systeme müssen handhabbar sein. Hausarztpraxen brauchen Übung und Routine. Dann bekommen sie die Technik in den Griff. Schwieriger ist die Schnittstellenproblematik. Allein in unserer Studie hatten wir es mit 19 verschiedenen Praxisverwaltungssystemen zu tun. Bundesweit gibt es mehr als 150 unterschiedliche Praxisverwaltungssysteme. Wenn das Telekonsil in die Regelversorgung überführt werden soll, braucht es einheitliche Technik und Qualitätsstandards.
Trotz der positiven Ergebnisse empfiehlt der G-BA nicht, TeleDerm in die Regelversorgung zu überführen. Warum?
Da die Anzahl der hausärztlichen Überweisungen an die Dermatologen durch die neue Versorgungsform gegenüber der Kontrollgruppe nicht signifikant reduziert werden konnte, sprach der Innovationsausschuss des G-BA keine positive Transferempfehlung aus. Er gibt die Ergebnisse dennoch an die Verbände der Kranken- und Pflegekassen, die KVen, den Berufsverband der Deutschen Dermatologen und die Deutsche Dermatologische Gesellschaft zur Prüfung weiter. Auch die Deutsche Gesellschaft für Telemedizin und die gematik sollen prüfen, inwieweit die Ergebnisse bei der Entwicklung ähnlicher Versorgungsansätze berücksichtigt werden können. Diese differenzierte Empfehlung des G-BA bewerten wir als sehr positiv. Denn die Politik muss mit Nachdruck an einheitlichen technischen Lösungen arbeiten.
Vielen Dank!
Weiterführender Hinweis
Den Ergebnisbericht sowie weitere Informationen zu TeleDerm finden Sie beim G-BA online unter iww.de/s5768