Abrechnung, Privatliquidation

Honorare variabel gestalten, Steigerungssätze in der GOÄ sinnvoll nutzen

von Ernst Diel, ehem. Leiter Grundsatzfragen PVS Büdingen
Im Gegensatz zum EBM, der auf Festpreisen basiert, offeriert die derzeit gültige GOÄ die Möglichkeit, Honorare durch Anwendung von Steigerungssätzen variabel zu gestalten. Leider wird diese Möglichkeit oft nicht genutzt. In der Praxis ist nach wie vor ein Festhalten an den starren Multiplikatoren der „Regelsätze“ (2,3-, 1,8-, 1,15-fach) festzustellen, was eigentlich nicht Intention der Vorgaben des Gesetzgebers für einen Gebührenrahmen sein kann, sondern tatsächlich auch Gestaltungsspielraum eröffnet. Es ist mit relativ wenig zusätzlichem Aufwand möglich, die in § 5 GOÄ beschriebene Gebührenspanne vorteilhaft zu nutzen.

Kriterien für die Gebührenbemessung

Nach § 5 Abs. 2 GOÄ kann der Arzt die Gebühren nach „billigem Ermessen“ unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwands der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung bestimmen. Die Schwierigkeit der Leistung kann nach der GOÄ auch durch die Schwierigkeit des Krankheitsfalls begründet sein, wobei für die Anwendung des letztgenannten Kriteriums Leistungen der Abschnitte A, E und O der GOÄ nicht infrage kommen. Die genannten Bemessungskriterien sind also die Grundlage für die Gestaltung der Honorarsätze, wobei auch ein Unterschreiten der oben zitierten „Regelsätze“ bei einzelnen Leistungen im Rahmen einer variablen Honorargestaltung berücksichtigt werden sollte. Für die Höherbewertung von Leistungen über die Regelsätze hinaus ist ein kleiner Aufwand im Rahmen der Rechnungslegung zu berücksichtigen. Grundlage hierfür ist § 12 Abs. 3 S. 1 GOÄ:
Merke
Eine Person, die keinen Nachweis einer Immunisierung und kein ärzt-liches Zeugnis darüber vorlegt, dass sie aufgrund einer medizini-schen Kontraindikation nicht ge-impft werden kann, darf nicht in ei-ner Arztpraxis beschäftigt werden.

Begründung höherer Faktoren

Die Begründung sollte außer den in § 5 Abs. 2 genannten Bemessungskriterien zusätzlich eine plausible, möglichst patientenindividuell nachvollziehbare medizinisch-sachliche Begründung beinhalten. Wichtig ist hierbei, dass diese nicht stereotype und undifferenzierte Pauschalbegründungen beinhaltet, sondern patientenindividuell nachvollziehbar auf die einzelne Leistung abstellt.

Beispiele für Begründungen für Faktorsteigerung bei Untersuchungen
  • Erhöhter Zeitaufwand bei Untersuchung in verschiedenen Organgebieten
  • Erschwerte Untersuchung bei krankheitsbedingter Unruhe (z. B. Abwehrhaltung, Hyperventilation)
  • Erschwerte zeitaufwendige Untersuchung bei bestehender Immobilität
  • Merke
    § 5 Abs. 2 GOÄ kann auch auf Versicherte der Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK) angewandt werden. Anders als z. B. Bundesbahnbeamte (KVB-Vertrag mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung!) unterfallen Postbeamte keinem Vertrag, der zum Ansatz bestimmter Steigerungssätze verpflichtet.

    Kostenträger akzeptiert Begründung nicht – was tun?

    Allerdings kommt es vereinzelt vor, dass verschiedene Kostenträger (z. B. Beihilfe) die Höherbewertung nicht akzeptieren. Präzise Gründe hierfür werden jedoch meist nicht mitgeteilt. Oft erfolgt lediglich der Hinweis, dass die Bemessungskriterien für die Höherbewertung aus Sicht des Kostenträgers nicht vorlägen.

    Zu beachten ist hierbei, dass der Patient (nicht der Kostenträger!) das Recht hat, gegenüber dem Arzt eine nähere Erläuterung zur Begründung zu verlangen. Grundlage hierfür ist § 12 Abs. 3 Satz 2 GOÄ.
    Merke
    Eine Person, die keinen Nachweis einer Immunisierung und kein ärzt-liches Zeugnis darüber vorlegt, dass sie aufgrund einer medizini-schen Kontraindikation nicht ge-impft werden kann, darf nicht in ei-ner Arztpraxis beschäftigt werden.

    Dieser Pflicht zur näheren Erläuterung der Begründung sollte man gegenüber dem Patienten bei Ablehnung durch den Kostenträger unbedingt nachkommen. Am besten sollte diese mit dem Hinweis verbunden sein, dass die nähere Erläuterung beim Kostenträger nochmals zur Prüfung einzureichen ist. Falls die Plausibilität einer Begründung bereits durch die Diagnose nachvollziehbar ist, kann man jedoch durchaus als Argumentation auf die Plausibilität einer in der Rechnung angegebenen Diagnose zur angegebenen Begründung verweisen.

    Beispiel: Diagnose als Begründung höheren Aufwands
    Diagnose: Zustand nach Apoplex mit halbseitiger Lähmung;

    Begründung: Erschwerte zeitaufwendige Untersuchung bei bestehender Immobilität.

    Wird die Erstattung des höheren Steigerungssatzes weiterhin abgelehnt und der Patient weigert sich, den evtl. verbleibenden Selbstbehalt der Rechnung zu begleichen, bleibt leider nur die Möglichkeit, die Forderung gegenüber dem Patienten einzuklagen. Schicken Sie nach 30 Tagen die erste Mahnung. Mit ihr tritt nach dem Gesetz Zahlungsverzug ein, womit ein Inkassoverfahren möglich wird, das nach der zweiten Mahnung folgen sollte.

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